Beschluss: mehrheitlich abgelehnt

Der Vorsitzende verweist auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen (Vorlagen-Nr. 10/1294/2018/1).

 

Hier handele es um die Frage der Artenvielfalt in den Vorgärten bzw. um die Artenvielfalt allgemein. Die Stadtplanungsabteilung habe hierzu, in Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde, einen Folienbeitrag erarbeitet.

 

Er bittet Herrn Ehrmann (Abteilungsleiter Stadtplanung) um weitere Ausführungen.

 

Herr Ehrmann stellt den Folienbeitrag anhand einer Präsentation vor.

 

(Die Präsentation ist im Ratsinformationssystem hinterlegt.)

 

Er informiert, dass der Beitrag strukturell aufgegliedert worden sei. Im ersten Abschnitt habe man einige „Negativ“-Beispiele hinsichtlich von angelegten Schotter- bzw. Kiesgärten dargestellt. Er betont, dass diese Beispiele nicht aus Zweibrücken stammen. In einem weiteren Teil der Präsentation habe man die rechtlichen Grundlagen aufgeführt. Im Anschluss habe man positive Beispiele für Gartengestaltungen aufgezeigt.

 

Zum Einstieg möchte Herr Ehrmann für die anschließende Aussprache einige Fotos von Schotter- und Kiesvorgärten aufzeigen. Er informiert, dass in der jüngeren Vergangenheit in der Presse und Fernsehen zum vorliegenden Thema Beiträge gegeben habe. Im Anschluss zeigt er Beispiele von mit überwiegend mit Schotter und Kies angelegten Gärten. Herr Ehrmann informiert, dass  in der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz Vorgaben vorgesehen seien (hier: § 10 Abs. 4 LBO: nicht überbaute Flächen bebauter Grundstücke sollen begrünt werden, soweit sie nicht für eine zulässige Nutzung benötigt werden. Befestigungen, die die Wasserdurchlässigkeit des Bodens wesentlich beschränken, sind nur zulässig, soweit ihre Zweckbestimmung dies erfordert). Desweiteren seien Festsetzungen in den Bebauungsplänen möglich. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Art und Maß der baulichen Nutzung in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (BauNVO=Baunutzungsverordnung) Festsetzung der Grundflächenzahl (GRZ). Nach BauNVO sind die Grundflächen von Garagen, Stellplätzen mit ihren Zufahrten, Nebenanalagen, Baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, Terrassen und Balkone und Zuwegungen mitzurechnen. Als befestigte Flächen werden auch wasserdurchlässige Beläge mitgerechnet, also auch geschotterte Gartenflächen, allerdings nur Überschreitungsmöglichkeiten bis zu fünfzig von hundert im Wohngebiet maximal bis zu einer GRZ von 0,6. Herr Ehrmann erläutert anhand eines Beispiels die Überschreibung der GRZ. Im Anschluss werden Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen anhand von § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB sowie § 9 Abs. 1 Nr. 25 erörtert. Desweiteren seien gestalterische Festsetzungen in Bebauungsplänen (§ 9 Abs. 4 BauGB i.V. mit § 88 LBO möglich, die keinen bodenrechtlichen Charakter haben und daher auch nicht unter die Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB fallen. Mit dieser Festsetzung können nur die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen geregelt werden. Grundsätzlich seine Festsetzungen in Bebauungsplänen möglich. Ob die entsprechenden Festsetzungen in den Bebauungsplänen eingehalten werden, müsse in den Bauantragsverfahren geprüft werden. Eine langfristige Kontrolle würde auch entsprechenden erhöhten Personalaufwand erforderlich machen. Herr Ehrmann stellt die Frage auf: Schottergärten – schädlich oder hilfreich? Die Folgen seien u.a.: kein Lebensraum für Habitat für Nützlinge wie z.B. Igel, Bienen, Vögel u.a. Desweiteren sei ein Rückgang der Artenvielfalt von Insekten und Kleingärten zu verzeichnen. Eine weitere negative Auswirkung sei der Verlust der Bodenfruchtbarkeit und Reduktion der Biodiversität im Siedlungsraum. Weiterer negative Aspekte seien die Entstehung von „Hitzeinseln“, eine negative Klima- und Kohlendioxidbilanz und die Entsorgung es Schüttmaterials, wenige Versickerungsflächen, weniger Sauerstoffabgabe und kein gebundener Feinstaub. Im Anschluss zeigt er eine Tabelle des Gemeinde- und Städtebundes für Pflegeaufwendungen von verschiedenen angelegten Gärten im Vergleich zu herkömmlichen Gärten. Weitere Beispiele anhand von Fotos hinsichtlich Fassadenbegründung und Begrünung von Dächern werden gezeigt.

Auch weist Herr Ehrmann auf die Aufklärungsflyer hinsichtlich des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz hin. Er empfiehlt diese Flyer den künftigen Bauherren auszuhändigen und im Vorfeld von Beratungsgesprächen darauf hinzuweisen.

 

Der Vorsitzende bittet den Antragsteller um eine erste entsprechende Wortmeldung.

 

Ausschussmitglied Dr. Pohlmann weist daraufhin, dass, auch wenn der Vortrag sehr umfassend und tiefgehend gewesen sei, es der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen nicht um die Ästhetik ginge. Es ginge um die Artenvielfalt in der Stadt selbst, nicht nur in den Vorgärten. Es sei ein wichtiges politisches Ziel und dies sei auch erreichbar. Dies zeige sich am Beispiel in Bayern. Dazu hätte es ein Volksbegehren gegeben. Die dortige Landesregierung sei dem Bürgerbegehren entsprechend nachgekommen. Begrünte Gärten hätten eine ganze Menge Vorteile wie z.B. Reduzierung von „Hitzeinseln“ durch Pflanzen, Bindung von Feinstaub u.a. Auch sei die Präsenz von Insekten ein wichtiger Aspekt und ökologischer Bestandteil der Nahrungskette. Es ginge auch darum, dass man einen gewissen ökologischen Standard aufrecht erhält um für die Stadt selbst einen Artenvielfalt zu erhalten. Ein gewisser ökologischer Standard sollte erhalten bzw. auf einem gewissen Niveau gehoben werden. Dies könne jedoch nur funktionieren, wenn alle gemeinsam daran arbeiten. Es ginge darum ein Bewusstsein dahingehend zu entwickeln. Dies könne man, wie Herr Ehrmann schon angesprochen habe, über Wettbewerbe oder über Beratungen erfolgen. Auch könne dies zudem über gewissen Vorgaben in Bebauungspläne erfolgen. Es ginge hier nicht um Kontrollen oder ähnliches. Man könne zu mindestens entsprechende Empfehlungen in den Bebauungsplänen aussprechen. Dies entspreche auch der Landesbauordnung.

 

Der Vorsitzende bittet um weitere Wortmeldungen.

 

Ausschussmitglied Danner spricht sich für den Antrag aus. Sie könne dies nur unterstützen. Sie plädiert zudem, dass der Umwelt und Servicebetrieb Zweibrücken (UBZ) versiegelte Flächen wieder rückbaut bzw. renaturiert. Dies wäre auch ein Beispiel an der der UBZ zeigen könne, man fördere die Biodiversität. Auch spricht sie sich dafür aus, die entsprechenden Festsetzungen für Biodiversität in den künftigen Bebauungsplänen aufzunehmen.

 

Ausschussmitglied Schneider wirft ein, dass man in Rheinland-Pfalz (gem. Statistik Rheinland-Pfalz vom statistischem Landesamt Rheinland-Pfalz) im Bezug auf die Bodenfläche (nach Nutzungsbereich) ca. 9% Siedlungsfläche, Vegetationsfläche ca. 84 %, Verkehrsfläche 6% und Gewässer 1%. Diesbezüglich habe man 41% landwirtschaftliche Fläche. Hierzu sei insbesondere der Einsatz von Pestiziden u.ä. hervorzuheben. Das Grundwasser würde vergiftet und mit Nitraten belastet. Diese Problematik sei der „Agraindustrie“ geschuldet. Hier würde an einem Minimalbereich „herumgedoktert“. Man müsse auch die Möglichkeit der Begrünung Dachflächen im Auge behalten. Dies würde auch Wasserrückhaltung und Artenvielfalt hervorrufen. Man werde durch Dachbegrünungen mehr erreichen als durch Festsetzungen der Vorgärten. Er empfehle nicht die Festsetzungen für Vorgärten vorzuschreiben. Er wäre persönlich froh, wenn man an die großen Flächen heranginge. Im Bereich der Dachflächen (Flachdächer) könne man mehr erreichen. Dies hätte u.a. den Vorteil, dass das Regenwasser nicht so schnell abläufe. Er selbst möchte auch ökologische Standards. Man müsse hier aber im Bereich der Agraflächen ansetzen. Man könne den Hinweis in den Bebauungsplänen aufnehmen, mehr jedoch nicht.

 

Ausschussmitglied Dr. Pohlmann möchte einen Punkt ansprechen, den er in dem vorherigen Redebeitrag vergessen habe zu erwähnen. Es sei nicht zielführend nun zu sagen, die „Stadt“ solle etwas tun. Es gäbe eine Menge Leute die bereit seien diesbezüglich etwas zu tun und sich einzubringen. Er wisse von Leuten die in Ihrer Straße bereit seien für eine gewisse Begrünung zu sorgen. Dies wäre das Risiko wert diesbezüglich einen Versuch der privaten Begrünung zu starten. Auf den Redebeitrag von Ausschussmitglied Schneider bringt er vor, dass die landwirtschaftlichen Flächen selbstverständlich größer seien. Jedoch seien im urbanen Stadtbereich ein ganz anderes Mikroklima und ökologische Situationen. Und nun zu sagen, die landwirtschaftlichen Flächen bzw. die Landwirte sollen die Situation „herausreißen“ sei der falsche Ansatz. Momentan werden überall in den Großstädten Bienenvölker auf Dachterrassen aufgestellt. Das sei eine Sache bei denen man blühenden Pflanzen und auch blühende Vorgärten bräuchte. Es sei natürlich nicht so, dass die angesprochenen Vorgärten die benötigte Biodiversität kompensieren können. Hier ginge es tatsächlich darum um gemeinsam einen Ansatz zu finden. Dies sei der Hintergrund des Antrages der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen.

 

Der Vorsitzende führt aus, dass hinsichtlich der Suchen von  „Pflanzpaten“ ein anderes Thema sei. Dies sei interessant und man müsse eine Bürgerschafte finden, die bereit seien dies zu tun. Ansonsten führt der Vorsitzende fort, habe er den Antrag so verstanden, dass es sich um einen Baustein im Gesamtkontext handele. Hierzu könne man dazu beitragen. Allerdings würde er dies nicht als Verpflichtung, sondern als Empfehlung in den künftigen Bebauungsplänen  favorisieren. Dies wäre auch eine Empfehlung, die von seiner Seite aus, eine jetzige Zustimmung finden würde.

 

Ausschussmitglied Helbing schließt sich der Auffassung von Ausschussmitglied Schneider an. Er sei, in seinem Bereich, Ortsteil Bubenhausen (im Klingeltal) hochgefahren und habe sich umgesehen. Dort sei lediglich ein Vorgarten mit Kies angelegt worden. Dies sei wahrscheinlich dem Alter des Gartenbesitzers geschuldet. Im Bereich Sturzenhofstraße seien lediglich, nach seiner Erinnerung, auch nur zwei Gärten in dieser Form angelegt. Alle anderen Gärten seien üppig begrünt. Wenn man nun z.B. in Frankfurt/Main leben würde könne er es verstehen, wenn man die BürgerInnen in den entsprechenden Bebauungsplänen verpflichten möchte die Vorgärten zu begrünen um die Artenvielfalt zu steigern bzw. zu erhalten. Er sei strikt dagegen, dass man die Leute verpflichten möchte. Er ist der Meinung, dass die BürgerInnen ihre Vorgärten gestalten können bzw. dürfen, wie es ihnen zusagt. Allerdings sei er dafür, dass eine entsprechende Beratung der Bauherren in diesem Sinne stattfindet. Dies sei seiner Meinung nach ausreichend.

 

Der Vorsitzende schließt daraus, dass man Einvernehmung herstellen könne, wenn man lediglich eine Empfehlung in den künftigen Bebauungsplänen festsetzen könne und eine entsprechende Weiterreichung von Aufklärungsflyern wie vom Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz herbeiführe.

 

Ausschussmitglied Schneider spricht sich für einen erweiterten Antrag mit Hinzunahme der Gründachempfehlung aus, auch im Hinblick der Aspekte Hitzereduktion und Artenvielfalt aus. Er empfiehlt dies lediglich als Empfehlung mit Beispielbildern. Zusätzlich möchte er auf die Satzung des Umwelt- und Servicebetriebes Zweibrücken verweisen. Diese Erweiterung, sei nach seiner Auffassung, sinnvoll.

 

Ausschussmitglied Dr. Pohlmann erklärt, dass ihm eine unverbindliche Empfehlung ihm zu wenig sei. Es sei zumindest ein Bezug auf die Landesbauordnung erforderlich.

 

Ausschussmitglied Hüther führt aus, dass seine CDU-Fraktion mit einer verpflichtenden Festlegung in den künftigen Bebauungsplänen erhebliche Probleme habe bzw. man wäre hierzu nicht einverstanden. Dies wäre ein erheblicher Eingriff in die Entscheidungsfreiheit des privaten Hauseigentümers sei. Die vorherigen Ausführungen des Herrn Ehrmann bezüglich Apells in die künftigen Hauseigentümers hätten ihm zugesagt. Was, nach seiner Meinung, dazukommen sollte sei die Vorbildfunktion des öffentlichen Bereichs. Die CDU sei nicht gegen die Artenvielfalt, dies zeige der Antrag der CDU-Fraktion hinsichtlich der Biodiversität.

 

Ausschussmitglied Danner spricht sich für entsprechende Festsetzungen in den künftigen Bebauungsplänen aus.

 

Der Vorsitzende erklärt, es habe sich nunmehr zwei Empfehlungen für den Stadtrat herauskristallisiert. Die Erste Variante sei eine verpflichtende Festsetzung in den künftigen Bebauungsplänen. Hierzu lässt der Vorsitzende abstimmen.

 

Antrag wurde abgelehnt     

 

Nach kurzer Aussprache des Bau- und Umweltausschusses wird vereinbart, dass der Antrag von Ausschussmitglied Schneider um die Erweiterung zur Dachbegrünung mit entsprechenden Flyern für künftige Bauherren zur Abstimmung gebracht werden soll.

 

Der Vorsitzende bringt zur Abstimmung, dass der Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen um eine Empfehlung einer Dachbegrünung erweitert werden soll.

 

Dem Antrag wird zugestimmt.

 

 

Gesamtergebnis:

 

Der Bau- und Umweltausschuss empfiehlt dem Stadtrat, dass lediglich eine Empfehlung in den künftigen Bebauungsplänen festgesetzt und eine entsprechende Weiterreichung von Aufklärungsflyern wie vom Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz den Bauherren ausgehändigt wird. Desweiteren wird den Bauherren eine Empfehlung der Dachbegrünung nahegelegt. Entsprechenden Flyer sollen ausgehändigt werden.