Sitzung: 05.06.2012 Stadtrat
Beschluss: TOP ohne Abstimmung
Bürgermeister Franzen bittet Herrn Kurt Pirmann zu sich und verlist den Text den Ernennungsurkunde, die Herrn Pirmann aus beamtenrechtlichen Gründen bereits ausgehändigt wurde. Anschließend legt Herr Kurt Pirmann den Amtseid auf die Bibel ab und Bürgermeister Franzen überreicht Herrn Pirmann die Amtskette des Oberbürgermeisters, gratuliert ihm und übergibt dessen Frau Beate Pirmann einen Blumenstrauß.
Im Anschluss daran hält der Ministerpräsident Kurt Beck eine Rede, wünscht allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, sowie dem Stadtvorstand alles Gute und überreicht Oberbürgermeister Pirmann einen Füllfederhalter und ein Weinpräsent, sowie dessen Frau Beate Pirmann einen Blumenstrauß.
Auch der Fraktionsvorsitzende der CDU Eckhart Schiller (für den Stadtrat) und der Personalratsvorsitzende der Stadtverwaltung Herbert Kallenbrunnen halten jeweils ihre Reden, welche, gemeinsam mit der Rede des Ministerpräsidenten, dem Protokoll angehängt sind.
Bürgermeister Franzen übergibt das Wort an Oberbürgermeister Kurt Pirmann, der zu seiner Amtseinführung folgende Rede hält:
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
werte Mitglieder unseres Stadtrates,
meine Kollegen Beigeordneten,
meine ehemaligen Bürgermeisterkollegen
Prof. Dr. Reichling, Dr. Lambert, Streuber,
liebe Gäste,
In einer Antrittsrede des künftigen Bürgermeisters dieser traditionsbewussten Stadt sollten natürlich viele dynamische und richtungsweisende Impulse dargelegt werden. Vergleichbar mit einer Wanderung durch die Zeit.
Bevor wir dazu kommen, erlauben Sie mir, dass ich dem ausgeschiedenen Oberbürgermeister Prof. Dr. Reichling für seine Bemühungen in den letzten acht Jahren, die durch kollegiale Zusammenarbeit geprägt waren, Dank sage.
Dank stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger, den Stadtrat und die von Ihnen geführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Herz der Menschen zu treffen, ist eine schwere Aufgabe, das gewonnene Herz zu bewahren eine manchmal schier unlösbare Herausforderung.
Mit der Wahlentscheidung am 4. September 2011 haben mir die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zweibrücken die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die Geschicke unserer Stadt in den kommenden acht Jahren zusammen mit den Stadtratsmitgliedern zu gestalten.
Mit einem Blick nach vorne und mit inhaltlichen Schwerpunkten wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass wir die Ideen für ein Zweibrücken der Zukunft haben.
Neue Impulse für Zweibrücken aus einer in die Zukunft gerichteten und durch Traditionen bewusste Politik zu gestalten, ist eine große Herausforderung.
Ich bin sicher, dass wir über die Grenzen der Fraktionen hinaus, im Bewusstsein um die Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, den ständig fortschreitenden Wandel unserer Gesellschaft zum Vorteil aller gestalten.
Ein wirtschaftlich florierendes, soziales und nachhaltig gestaltetes Zweibrücken soll unser gemeinsames Ziel sein.
Für mich will ich dabei in Anspruch nehmen, einen klaren Kurs zu halten, langfristig zu denken und notwendige Schritte einzuleiten, um kommende Herausforderungen zu bewältigen.
Dabei wird es ganz sicher so sein, dass wir nicht alle immer einer Meinung sind. Dies ist gut so. Denn aus einer Diskussion, die auf Augenhöhe und mit Fairness geführt wird, erwächst oft die beste Lösung.
Nicht verkennen will ich dabei die Erkenntnis, der sich hoffentlich alle Ratsmitglieder anschließen, dass in Zweibrücken das Wort gilt „Sparen heißt, in die Zukunft investieren“.
Mir ist bewusst, dass ich in schwieriger Zeit Verantwortung übernehme, gilt es doch mit der Konsolidierung der Stadtfinanzen ernsthaft zu beginnen.
Dabei müssen wir aber die Handlungsfähigkeit der Stadt bewahren und mittelfristig neue Spielräume zurückgewinnen.
Dabei gilt die klare Maxime „Gerechtigkeit genießt höchste Priorität, Steuererhöhungen können nicht die einzige Lösungsperspektive sein“, alles in und um die Verwaltung herum gehört auf den Prüfstand.
Während meines Wahlkampfes habe ich immer darüber geredet, dass ich in der Gründung einer Stadtholding Finanzierungsmöglichkeiten sehe, die uns vor dem Totsparen bewahren.
Gerundet hat Zweibrücken etwa 5 Mio Euro freiwillige Ausgaben, die letztendlich das Leben einer Stadt ausmachen.
Kultur, Festhalle, Veranstaltungen, Freibad.
Der innerstädtische Grünzug mit Rosengarten, Rennwiese, Landesgestüt, Kleiner
Exerzierplatz und Themenweg.
All dies verkörpert städtische Geschichte, prägt das Stadtbild, ist die Stadt, und macht die Besonderheit aus. Jede dieser Einrichtungen könnte nur bedingt aus den Vorstellungen unserer Bürgerinnen und Bürger gestrichen werden.
Mit unseren städtischen Töchtern UBZ, Stadtwerke und GeWoBau haben wir jedoch starke Partner, die einen Teil der Last, die uns so schwer drückt, tragen könnten.
Durch geschickte Zusammenführung der drei Töchter, unserer Liegenschaften und der städtischen Gebäude könnten sich für uns Lösungsmöglichkeiten aufzeigen, die uns allerdings nicht von der Pflicht entbinden, unsere Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Wir sollten auch die Vorschläge und Ideen der Bürgerinnen und Bürger einfordern diese im Rat diskutieren und dann das Für und Wider unserer Entscheidung kundtun.
In den nächsten Wochen wollen wir deshalb beginnen, den Konsolidierungsplan zu erstellen, die Rahmenbedingungen einer Stadtholding zu klären und Bürgerbefragungstermine zu benennen.
Wir sollten dafür sorgen, dass Zweibrücken die Energiewende zusammen mit den städtischen Töchtern vollziehen kann, um den künftigen Strombedarf aus erneuerbaren Energien abzudecken.
Energieerzeugung bringt Wertschöpfung und Arbeitsplätze in unsere Stadt. Mittelfristiges Ziel muss es sein, eine zuverlässige Versorgung des Gewerbes und der Privathaushalte aus erneuerbaren Energien zu wettbewerbsfähigen Preisen aus unserer Region voranzutreiben.
Die Wirtschaftspolitik unserer Stadt mit den Unternehmerinnen und Unternehmern und deren Beschäftigten muss davon zukunftsorientiert profitieren.
Eine enge Verzahnung zwischen Stadtverwaltung, Wirtschaftsförderung, dem Oberbürgermeister und seinen Mitarbeitern sind unabdingbare Voraussetzungen für den Industriestandort Zweibrücken.
Ich möchte im Bereich der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik zusammen mit Ihnen, meine Damen und Herren des Stadtrates, starke Akzente setzen sowie die Standortbedingungen Zweibrückens weiter verbessern.
Dies alles aber in dem Bewusstsein, dass Umweltschutz, Energieeffizienz, nachhaltige Entwicklung und die Begrenzung des Klimawandels nicht im Gegensatz zur industriepolitischen Entwicklung stehen, sondern dass beides einander bedingt.
Für mich wird die Entwicklung des Industriegebietes am Steitzhof, das Handelszentrum Truppacher Höhe mit innenstadtverträglichen Ansiedlungen sowie die dynamische Entwicklung des Flugplatzumfeld-Geländes nicht nur verbal Chefsache sein.
Zudem werde ich mit den Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaften in unserer Region in einer geeigneten Form in eine Diskussion eintreten, wie aus deren Sicht zukunftsfähige und nachhaltige Wirtschaft gute Bezahlungen, gute Arbeitsplätze aussehen.
Mit der Fachhochschule Zweibrücken habe ich bereits vor meinem Amtsantritt verschiedene Projekte besprochen, die in Zusammenarbeit mit den dortigen Professoren bzw. den Kollegen in Kaiserslautern richtungsweisend für die kommende Stadtentwicklung sein könnten.
Zweibrücken lebt von einer Vielfalt an Ideen und dem Einbringen vieler engagierter Bürger. Mit klugen Ideen und geschickten Konzepten müssen wir dem demografischen Wandel entgegenwirken, und unser Erscheinungsbild muss sich von den Nachbarn abheben.
Dafür haben wir ein riesiges Potenzial. Erfahrung und Wissen unserer Bürgerinnen und Bürger müssen sinnvoll in die Stadtpolitik einfließen.
Wir wollen eine führungsstarke Mannschaft sein, die als Stadtrat und Verwaltung nahe bei den Menschen ist.
Unser aller Anliegen sollte es sein, den Schulstandort Zweibrücken aufzuwerten. Fachhochschule, Gymnasien, Realschulen und möglicherweise eine Kooperation mit der IGS sollen unseren jungen Mitmenschen ein gutes Rüstzeug für eine regionale Zukunft geben.
Wer attraktiv sein will und die Wohnortwahl junger Menschen entscheidend beeinflussen möchte, muss sich bewusst sein, dass das Angebot von Ganztagsplätzen in Schulen und Kindergärten von vielen Eltern als ein wichtiges Element der Gesellschaftspolitik gesehen wird.
Wir haben das Privileg, in einer der schönsten Gegenden unseres Landes zu leben mit sauberer Luft, qualifizierten Arbeitsplätzen, einer europäischen Nachbarschaft in greifbarer Nähe, einer medizinischen und kulturellen Versorgung, die sich in vielfältigster Weise von unseren Mitkonkurrenten abhebt.
Dies alles kann uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fußgängerzone Zweibrückens, die übrigens eine der ersten der Pfalz war, langsam in die Jahre gekommen ist.
Diese Fußgängerzone, die neben anderen wichtigen Einrichtungen und Institutionen der Stadt immer noch ein Stück des Herzens darstellt, bedarf einer Aufwertung.
In enger Zusammenarbeit mit dem Land Rheinland-Pfalz, den Gewerbetreibenden und Selbstständigen, allen Teilen unserer Stadtverwaltung und den vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich nunmehr fast ein Jahr zusammen mit der PER um Veränderung bemühen, soll am Ende zu einem Schmuckstück ausgebaut sein.
Besondere, bewegliche und veränderbare optische Reize in Verbindung mit der Vielfalt von Händlerangeboten und einer kooperativen Zusammenarbeit mit der Gastronomie müssen in verstärktem Maße Outlet- und Flugplatzbesuchern näher gebracht werden.
Mit dem Zweibrücker Feierabend haben wir bereits ein erstes kleines Mosaiksteinchen implantiert. Der Stolz der Bürgerinnen und Bürger auf ihre Innenstadt muss gefördert und sie müssen zum Botschafter der Stadt gemacht werden.
„Bei uns iss was los“, dies sollte das künftige Credo der Zweibrückerinnen und Zweibrücker sein.
Dazu gehört für mich auch die Entwicklung der Oberstadt. Gemeinsam wollen wir an der Aufwertung arbeiten.
City-Outlet
und HGV bilden derzeit in meinem Kopf schon einen erkennbaren Plan. In den
nächsten Wochen werde ich zunächst einmal im Ältestenrat und dann auch mit den
Fraktionen über die City-Outlet-Pläne reden. Die HGV hat mir erste Unterlagen
überreicht, aus denen sich Positives erkennen lässt.
Die
Umnutzung des ehemaligen Sparkassengebäudes und eine Kooperation mit dem Landkreis
Südwestpfalz bezüglich Tourismus und KFZ-Zulassungsstelle, verbunden mit der
hohen Frequenzzahl von über 30.000 Besuchern bei unserer Stadtbibliothek
könnten für eine starke Belebung der Oberstadt sorgen.
Ein neu
gestalteter Busbahnhof und Alexanderplatz, verbunden mit einer
Erlebnisgastronomie könnten ein Weiteres leisten.
Mit den
Style-Outlets muss es zu einer gemeinsamen Strategie kommen, Menschen zu
bewegen, nach ihrem dortigen Besuch in die Innenstadt von Zweibrücken zu
kommen.
Die
Vielfältigkeit unserer örtlichen Gastronomie, ein neues Flair in der
Fußgängerzone sowie die Liebenswürdigkeit unserer Menschen sind dabei wichtige
Elemente.
Diese
Liebenswürdigkeit der Menschen und die von mir bereits aufgezählten Vorteile
hinsichtlich Schule, Bildung, Kultur und Gesundheit haben wohl auch dazu
geführt, dass die demografische Entwicklung in unserer Stadt Zweibrücken
weniger stark zutage tritt als dies in unserer Umgebung der Fall ist.
Natürlich
sind auch die Auswirkungen der Konversion, die damit einhergehende Zahl von
2.600 neuen Arbeitsplätzen und die großartige Unterstützung aus Ihrem Hause,
Herr Ministerpräsident, maßgebende Elemente dieser Tatsache.
Trotzdem
sollten wir auf freiwilliger Basis eine Auswertung der Erkenntnisse unserer
kommenden oder wegziehenden Menschen in unsere künftige Planung mit einzubeziehen.
Wichtige
Analysepunkte sollten dabei sein, welche Bevölkerungsgruppen kommen zu uns,
was lässt sich daraus ableiten, aus welchen Räumen ziehen Menschen nach
Zweibrücken, warum ziehen Menschen aus Zweibrücken weg?
Handlungsfelder
und zukünftige Entwicklungsstrategien sollten wir aus diesen Erkenntnissen entwickeln.
Welche
Voraussetzungen müssen wir in unserer Stadt schaffen?
Welche
Altersgruppen können wir gewinnen?
Was
können wir tun, um zukünftig Menschen weniger Gründe zu liefern, uns zu
verlassen?
Meine
Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen vom Stadtrat, ziemlich genau
vor 42 Jahren trat ich in Zweibrücken in die Welt des Arbeitslebens ein. So
Gott will, werde ich in acht Jahren bei meiner Pensionierung 38 Jahre meines
50-jährigen Arbeitslebens in dieser Stadt verbracht haben.
Lediglich
12 Jahre ging ich meiner Geburtsstadt fremd. Pirmasens war das Ziel, aber ich
war immer noch in der Westpfalz. Als Westpfälzer möchte ich mich bezeichnen,
der unsere Tradition liebt, unseren Lebensstil und unsere Kultur zum Atmen
braucht.
Gerne
trete ich heute dieses verantwortungsvolle Amt an. In einer Stadt der bunten
Meinungsvielfalt, der Ideen und einer tief in die Geschichte der Demokratie
verwurzelten Bürgerschaft.
Lassen
Sie mich mit einem Wort zum Ausdruck bringen, dass das bunte Zweibrücken den
braunen Rand in seinen Stadtmauern nicht braucht. Lassen Sie uns offen,
demokratisch und frei über alle Kulturen, Religionen und Hautfarben in dieser
Stadt zusammenleben.
Wir
alle brauchen einander, jeder an seinem Platz und geprägt in seiner Kultur:
Der Unternehmer, den Arbeitnehmer, der Arbeitnehmer, den Unternehmer, der
Moslem den Christen, der Christ den Moslem Wir brauchen die Vielfalt aller Menschen.
Meine
Damen und Herren, auch eine Reise von 1000 Meilen fängt mit dem ersten Schritt
an, so ein chinesisches Sprichwort. Jetzt beginnt meine Reise mit Ihnen hier
in Zweibrücken.
Auf
acht gute Jahre und tiefe Freundschaften für uns alle.
Vielen
Dank.“